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Printmedien Bayern

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Dass Bayern mit der Druck- und Medien-Branche einen bedeutungsvollen Wirtschafts- und Gesellschaftsfaktor hat, zeigt die Broschüre „Printmedien Bayern“. Denn noch nie war die Vielfalt gedruckter Publikationen so groß wie heute. „Printmedien Bayern“ gibt einen kleinen Einblick in die Welt der Zeitschriften- und Buchverlage, Druckereien, Papierhersteller und Druckfarbenproduzenten sowie Forschungsinstitute und Hochschulen. „Printmedien Bayern“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern, des Verband Bayerischer Zeitungsverleger, des Verband Druck und Medien Bayern sowie des Verband der Zeitschriftenverlage in Bayern.

DIGITALE TRANSFORMATION

DIGITALE TRANSFORMATION MEDIENHÄUSER HABEN SICH IN DEN LETZTEN JAHREN KOMPLETT NEU ERFUNDEN. WIE SIE HEUTE IHRE LESER INFORMIEREN UND BEWEGEN Text Rafael Wieczorek Illustration Claudia Klein Die Anforderungen an Medienmacher haben sich im Laufe ihres Wandels zu „Digital Publishers“ stark verändert. Heute wird die Aktualität der Informationen nicht mehr durch Andruckzeiten am Abend bestimmt. Die erste Welle der Konsumenten greift auf das Informationsangebot vormittags auf dem Weg zur Arbeit zu, in der Mittagspause oder nach Feierabend. Im Gegensatz zur Papierausgabe erwarten diese digitalen Leser nicht die veralteten Informationen vom Andruck der Zeitung, sondern jeweils die aktuellsten Nachrichten. Diese Anforderung hat die Organisation und das Selbstverständnis der Redaktionen am stärksten geprägt und verändert. Journalisten arbeiten, wo und wann es gute Storys gibt – nicht immer von 9 bis 17 Uhr und selten dort, wo der alte Schreibtisch steht. Die Begriffe Arbeitsplatz und Arbeitszeit haben eine ganz neue Bedeutung erhalten – vollkommene Unabhängigkeit von Ort und Zeit ermöglicht ganz neue Qualität, ganz neue Intensität und vor allem extreme Geschwindigkeit der Berichterstattung. Innerhalb von Minuten kann ein einzelner Medienmacher, ausgestattet mit Laptop und Smartphone, Millionen von Informationskonsumenten mit fesselnden Storys erreichen und so Geschichte schreiben. Die traditionellen Zeitungsverlage, ehemals Vertreter der „langsamen“ Medien, haben sich erfolgreich von ihren früheren Einschränkungen befreit und die digitale Transformation zu den schnellsten, attraktivsten und erfolgreichsten Medien geschafft. Die Botschaft der Digital Transformation als Notwendigkeit ist jetzt auch in anderen Branchen angekommen. Industrie 4.0, IoT – Internet of Things, Big Data, Autonomous Cars, neue Vertriebswege und ganz neue Konkurrenten – Unternehmen aller Branchen stehen vor dem Wandel ihres Businessmodells. Der Digitalisierungs-Erdrutsch hat nach Medien- und Musikbranche jetzt auch die Banken, Versicherungen, Gesundheits-, sowie Autoindustrie und sogar Lebensmittelhändler erreicht. Amazon, Ebay, PayPal, Facebook, Google, FinTechs – und viele neue Start-ups verändern ganze Branchen. Während die Digital Transformation für andere noch ansteht und eine existenzielle Herausforderung darstellt, ist sie für viele Medienhäuser heute fast ein alter Hut. Keine andere Branche wurde mit der Digitalisierung und ihrer strategischen Transformation in die modernen Märkte, Lebensund Arbeitswelten so früh konfrontiert. Der Wandel der Printbranche zu digitalen Print- und Medienhäusern hat schon vor Jahren begonnen. Das Heute wird die Aktualität der Informationen nicht mehr durch die Andruckzeiten am Abend bestimmt. Internet als Kanal für Informationsbeschaffung war technologisch längst erschlossen, noch lange bevor Plattenfirmen schmerzhaft lernen mussten, welche Revolution die damals neue Internet-Technologie Audio-Streaming für die gesamte Musikindustrie eigentlich bedeutet. Die Medienhäuser haben nicht nur das bisherige Zeitungspapier-Angebot digitalisiert, sondern vielmehr in den letzten Jahren extrem viel Zukunftsforschung betrieben. Erfahrungen mit unzähligen Diensten wie RSS, SMS, E-Paper, Live- Ticker, Bildergalerien, Videostreaming-Diensten, Handelsplattformen, Facebook-Auftritten oder WhatsApp-Gruppen wurden gesammelt, analysiert und jahrelang an die Erwartungen des Konsumenten angepasst. Manches wurde dabei auch ganz schnell wieder begraben. Durch die Transformation und Digitalisierung konnten endlich alte Fesseln wie Andruckzeiten, Farbmöglichkeiten, Logistik der Papierausgabe, stark eingeschränktes Platzangebot, geographisch-regionale Einschränkung der Reichweite der Publikationen sowie fehlendes Feedback der Botschaftsempfänger abgeworfen werden. Medienhäuser haben sich in den letzten Jahren komplett neu erfunden und gleichzeitig massiv in leistungsfähige Informationsverarbeitungs-Infrastruktur investiert: Alte analoge Printproduktionssysteme wurden durch moderne modulare Ausgabesysteme ersetzt, unzählige Systeme der Partnerverlage konsolidiert, die Zustellung optimiert, Prozesse wie Planung und Steuerung der Druckmaschinen in der Wertschöpfungskette der Verlage automatisiert, Anzeigenverarbeitung und Reprographie automatisiert. Qualität und Vielfalt der Verlagsprodukte wurden deutlich gesteigert, zudem neue digitale Informations- und Publikationskanäle angebunden oder gar neu erschaffen. Veraltete Redaktionssysteme hat man durch crossmediale CMS-Systeme ersetzt, Archive digitalisiert, moderne Nachrichtenportale aufgebaut, mit SEO-Komponenten versehen, SSO-Instanzen-, Big-Data-Analytics- und Tracking-Systeme etabliert. Anzeigenangebote wurden um neue publishing-kanalspezifische Werbeformen erweitert und kaufmännische Systeme eingeführt, die die neue Angebotsvielfalt und neue Abrechnungsmodelle unterstützen. In anderen Fachbereichen wurde die Effizienz deutlich gesteigert. Kostensenkungsprogramme haben in der Vergangenheit alle Verlage begleitet und sind ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor – erst diese Maßnahmen haben die kostspielige, aber notwendige Transformation ermöglicht. Für viele kleinere Verlagshäuser waren die Herausforderungen der Digitalisierung zu groß, um sie aus eigener Kraft zu schaffen. Oft entschieden sie sich, Teil einer größeren Unternehmensgruppe zu werden. Zu den bekanntesten und leistungsstärksten Medienverlagsgruppen gehören z.B. die Ippen-Gruppe, Presse-Druck aus Augsburg, Funke, Madsack oder die Verlagsgruppe Rhein Main. Durch Marktkonsolidierung haben viele Mediengruppen gleichzeitig an Kraft und an Macht gewonnen – was ihnen die Digitalisierung und die Transformation zu Medienhausgruppen wiederum erleichtert hat. Im Zuge des Wandels vom Verlagshaus zum Medienhaus verlagerten sich die Schwerpunkte der einzelnen Fachbereiche. Den Wandel sieht man am deutlichsten in den Redaktionen, in den ITund Onlineabteilungen der Medienhäuser. Ohne deren Leistungsfähigkeit kann ein modernes Medienhaus die vielfältigen publizistischen Aufgaben heute nicht mehr erfüllen. 52

Besonders erfolgreiche Medienhäuser gestalten aktiv die Zukunft der Medienlandschaft. Dazu gehört es, viele neue Ideen und Innovationen zu entdecken, diese richtig schnell zu entwerfen, zu probieren, zu verbessern – oder ebenso schnell zu verwerfen. Insbesondere die jungen Medienkonsumenten erwarten von Medienhäusern regelmäßig neue und innovative Darbietungsformen der Informationen. Die veraltete Trennung von Online- und Printredaktionen ist längst aufgehoben – oberstes Ziel ist es, alle Konsumentengruppen mit dem für sie passenden Kanal und in der besten kanalspezifischen Qualität zu erreichen. Alle Medienmacher arbeiten inzwischen oder zukünftig in einem CMS und können die Informationen zeitgesteuert in unterschiedlichen Kanälen publizieren. Sie berücksichtigen intelligent die Feedback-Kanäle der Onlinenutzung, um mehr über die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten zu erfahren. Die bisherige Ausgabe auf Papier ist über Jahre weitgehend optimiert und in dieser Ausprägung stark eingeschränkt. Der Fokus der aktuellen Entwicklung liegt auf neuen, flexibleren Kanälen und ständig wachsenden technischen Möglichkeiten. Der andauernde Anpassungsprozess sorgt für Akzeptanz und Zufriedenheit der Informationskonsumenten, obwohl die Erwartungen ständig steigen. Technologisch veraltete Angebote, Angebote in einer nicht zum Kanal passenden Qualität oder nicht aktuelle Information werden von Lesern im besten Fall mit Nichtbeachtung gestraft. Der neue Konsument hat auch eine Stimme – das hat die Interaktion der Medienhäuser und der Medienkonsumenten deutlich intensiviert und die Feedback-Kommunikation auf ein neues Qualitätslevel angehoben. Die Veränderungen im Medienkonsum begleiten uns seit Jahren – das ist wohl kein Geheimnis. Durch neue junge Konsumenten wird der Trend sich beständig weiterentwickeln. Entsprechend wichtig sind für Medienunternehmen natürlich die jungen Medienmacher von heute und morgen. Deswegen haben – ungeachtet der vielen technischen und Prozessänderungen – auch wichtige Veränderungen im Bereich der Arbeitskultur und Organisation stattgefunden. Einerseits galt Der Fokus der Entwicklung liegt auf neuen, flexibleren Kanälen und ständig wachsenden technischen Möglichkeiten. es, das Beste aus der bewährten, traditionsreichen Kultur und Stabilität der Verlage wertschätzend zu erhalten, gleichzeitig mussten Unternehmensumfelder und Arbeitskulturen geschaffen werden, die dauerhaft die enorme Geschwindigkeit der beständigen Veränderung ermöglichen. Außerdem definiert die neue Generation von Mitarbeiten ein attraktives Arbeitsumfeld anders, als das in der Nachkriegszeit oder in den letzten Jahren der Fall war. Die Kunst, die Unternehmen ins digitale Zeitalter zu überführen, ist nicht zu unterschätzen, und ohne ein kluges Change-Management-Konzept nicht wirklich effizient realisierbar. Viele Medienhäuser haben sich in den letzten Jahren „gesamt“- erneuert und stehen inzwischen als Arbeitgeber besonders bei den jungen Mitarbeitern der XYZ- Generationen hoch im Kurs. Diese Unternehmen profitieren von der fruchtbaren und überlebensnotwendigen Innovationsbereitschaft sowohl ihrer langjährigen wie auch neuer Mitarbeiter, pflegen und kümmern sich aktiv um deren Ideen, probieren neue Formate und lernen aus Erfahrungen sehr schnell – sie beeinflussen so aktiv das Geschehen in der Medienlandschaft. 53