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NewHealthGuide 01/2023

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newhealth.guide #1 Apps auf Rezept Digitale Gesundheitsan wendungen, kurz DiGA, sollen den Therapieerfolg steigern, die Lebensqualität der Patienten erhöhen und das Gesundheitssystem entlasten. Halten sie, was sie versprechen? Text Anja Rech Dass Deutschland im Bereich der Digitalisierung als Vorreiter gepriesen wird, ist eher selten. Doch es ist weltweit das erste Land, in dem digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) als Regelleistung von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Seit Herbst 2020 können Ärzte und Ärztinnen, Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen „Apps auf Rezept“ verschreiben. Neben Apps fürs Smartphone oder Tablet zählen auch webbasierte Anwendungen dazu, die über einen Internetbrowser per Computer und Laptop genutzt werden. DiGA sollen laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) dabei helfen, Krankheiten zu erkennen, zu überwachen, zu behandeln oder zu lindern. Sie informieren Patientinnen und Patienten über ihre Erkrankung und die Behandlung. Zusätzlich helfen sie ihnen, Verhaltensänderungen, die ihre Therapie unterstützen, in den Alltag zu integrieren. Mit der Dokumentation des Behandlungsfortschritts liefern sie den Behandelnden in Praxen und Krankenhäusern wertvolle Daten. Die gesetzliche Basis dafür wurde mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) geschaffen. Die Kassen erstatten nur Produkte, die ein Prüfverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchlaufen haben und im DiGA-Verzeichnis unter diga.bfarm.de gelistet sind. Es geht auch ohne Rezept Zum 1. Februar 2023 umfasste das DiGA-Verzeichnis nach Angaben des BfArM 41 solcher Anwendungen, 14 Anträge waren noch in Bearbeitung. 26 Produkte waren vorläufig aufgenommen, dürfen also eingesetzt werden, obwohl sie noch keinen ausreichenden positiven Versorgungseffekt bewiesen haben – eine Besonderheit beim Zulassungsprozess von DiGA. Der GKV-Spitzenverband berichtet, dass bis Ende September 2022 164.000 DiGA in Anspruch genommen wurden; die Kassen gaben dafür 55,5 Millionen Euro aus. Wobei die Patientinnen und Patienten auch ohne Rezept an eine DiGA kommen: Sie können direkt bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse einen Antrag auf Genehmigung stellen. Diese zahlt, wenn die entsprechende Indikation vorliegt. Der behandelnde Arzt muss dies nicht nachweisen. Beispiele aus der Praxis Die Hamburger Onkologin Prof. Dr. Pia Wülfing hat – ausgehend von einer Website und einem Podcast – die DiGA „Pink! Coach“ entwickelt, die Brustkrebs-Patientinnen durch Therapie und Nachsorge begleitet. Ihr Anliegen war es, Betroffenen und Angehörigen digitale Informationen zur Verfügung zu stellen, die fachlich kompetent, aber auch verständlich und einfühlsam aufbereitet sind. „In der Hektik des Klinikalltags ist ja meist zu wenig Zeit für ausführliche Gespräche und Zuwendung“, erläutert sie. Die App leitet zu gesünderen Lebensgewohnheiten an. Diese können nachweislich Nebenwirkungen der Krebsbehandlung verringern und das Wohlbefinden verbessern. Eine echte Versorgungslücke füllt die App „Kalmeda“ gegen chronischen Tinnitus. „Sie bietet eine vollständige Verhaltenstherapie – und das ist die einzige wirksame Behandlung gemäß Leitlinie“, berichtet Dr. Uso Walter, Hals-Nasen-Ohren- Arzt aus Duisburg, der die App entwickelt hat. Sie zählt mit 30.000 Verordnungen zu den am häufigsten genutzten DiGA. Nicht nur gebe es zu wenig Behandlungsplätze, erklärt der Arzt, sondern für Tinnitus dürfe man nur dann eine Verhaltenstherapie verordnen, wenn gleichzeitig eine psychiatrische Erkrankung vorliege. „So weit wollen wir es aber gar nicht kommen lassen.“ Weil die vom BfArM geforderte Studie hochsignifikant die Wirksamkeit belegte, ist die App dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. 16

DiGA auf der DMEA 2023 Nehmen Sie an einem DMEA-Rundgang teil und entdecken Sie die Chancen der DiGA (Anmeldung erforderlich). Alle Infos zu DiGA und Mobile Health finden Sie außerdem in Halle 2.2 Erst ausprobieren, dann nachjustieren! Die wichtigsten Fragen und Antworten zu DiGA FOTO: GETTY IMAGES/STEVICA MRDJA/EYEEM ❱ Was kosten DiGA? In den ersten zwölf Monaten können die Hersteller den Preis frei gestalten. Erst danach beginnen die Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband. Die Kosten schwanken ak tuell zwischen knapp 200 und mehr als 900 Euro für eine 90-tägige Anwen dung. Im Oktober 2020 betrug der Durchschnittspreis dafür noch 329 Euro, heute liegt er bei etwa 500 Euro. Daran entzündet sich Kritik: „Wir sehen, dass die Apps in der GKV-Erstattung plötzlich deutlich mehr kosten als vorher. Es ist ein Unding, dass die Preise im ersten Jahr quasi frei festgesetzt und sogar erhöht werden können“, rügt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse. Im Dezember 2021 wurde eine Höchstpreisgrenze eingeführt, die die TK jedoch als „Papiertiger“ bezeichnet. Sie reduziere den Preis einer Anwendung lediglich um durchschnittlich 6,6 Prozent. DiGA-Entwickler Dr. Uso Walter – dessen DiGA eine der preisgünstigsten 17 im Verzeichnis ist – argumentiert, dass die Entwicklung einer solchen Anwendung zwischen einer und fünf Millionen Euro kostet. „Auch die laufenden Kosten sind hoch“, sagt er. „Man muss ständig nachbessern, weil sich Voraussetzungen in den App- Stores ändern oder neue Handy typen auf den Markt kommen.“ Außerdem helfe seine Tinnitus-App den Kassen, Geld zu sparen, denn sie ersetze eine psychologische Behandlung, die bis zum Vierfachen kosten würde. ❱❱