Aufrufe
vor 6 Jahren

LfA Magazin Frühjahr/Sommer 2018

  • Text
  • Unternehmen
  • Bayern
  • Familienunternehmen
  • Nachfolger
  • Traditionsunternehmen
Zweimal jährlich realisiert Storyboard für die LfA Förderbank Bayern das LfA-Magazin. "Traditionsunternehmen" ist das Schwerpunktthema der Frühjahr/Sommer-Ausgabe 2018.

Stolz steht er da, der

Stolz steht er da, der Ofen, in dem ein 1200 Grad heißes Feuer lodert. Er ist das flammende Herz der Glashütte in Frauenau. Das spürt man, wenn man in der hohen Werkhalle steht und die Glasmacher bei ihrer Arbeit betrachtet. Hier wird ein Handwerk gepflegt, das es so schon seit Jahrtausenden gibt: Nach der Schmelze modelliert Glasmacher Robert Stadler aus der zähen Masse mit Hilfe seiner langen Pfeife und einer immer aufs Neue genässten Form aus Buchenholz die dünnwandigen Teile. Viel Geduld braucht er, viel Gefühl und Luft, bis das Glas seine endgültige Form bekommt. Danach dann das Abkühlen, die Nachbearbeitung, das Veredeln. Und all das braucht seine Zeit. Gerade ist eine bernsteinfarbene Schale dran. Julia Eisch hat sie neu entworfen und erst einen Tag zuvor „Cali“ getauft. Sie gehört zu einer Kollektion, die wenige Tage später auf der wichtigsten Design-Messe, der „Ambiente“ in Frankfurt, präsentiert werden soll. „Eisch Glaskultur“ nennt sich die Firma, die Julia Eisch gemeinsam mit ihrem Cousin Eberhard in dritter Generation leitet. Sie ist für das Design zuständig, er für das Geschäftliche. Beide sind mittlerweile die alleinigen Inhaber, und beide krempeln ihr Unter nehmen seit einer Weile mit viel Verve um. Mehr Einblicke in die Heißglasfertigung gibt es unter www.lfa.de/magazin Neuer Vertrieb, neues Marketing, neues Controlling, neues Erscheinungsbild – und das Sortiment konzentriert sich stärker auf die Themen Genuss und Aromatik. „Tradition hat bei uns viel mit der Familie zu tun, mit der Wertschätzung der Leute, die Mut und Kraft und Energie bewiesen haben, um eine Firma zu gründen und etwas in Gang zu setzen. Diese Tradition gibt uns eine große Sicherheit“, sagt Eberhard Eisch. Wichtig sei aber, dass „wir immer wieder Innovatives hinzufügen“. Mit textilbeschichteten Gläsern oder dem Entwickeln einer Gold-Oberfläche, die auf Dauer spülmaschinenbeständig ist. Und natürlich mit den „Sensisplus“-Weingläsern, die mit Hilfe eines streng geheimen physikalischen Verfahrens ermöglichen, dass sich Bouquet und Aromen eines Weines schneller öffnen. Oder mit „TRADITION GIBT UNS EINE GROSSE SICHERHEIT“ EBERHARD EISCH dem „No-Drop-Effekt“ eines Dekanters. Natürlich ist nicht jedes einzelne Produkt reines Handwerk, auch die maschinelle Fertigung mit jährlich rund 250.000 Trinkgläsern gibt es. Es gehe stets um die Balance aus Tradition und Aktualität, so Eisch weiter, und dabei habe die LfA Förderbank Bayern mit Krediten immer wieder entscheidend geholfen; meist gemeinsam mit der Oberbank und der Sparkasse Regen. Rund vier Millionen Euro Umsatz macht die Glashütte aus dem Bayerischen Wald mit ihren knapp 50 Mitarbeitern heute, die Hälfte davon weltweit. China ist unter den mehr als 60 Exportländern längst die wichtigste Adresse, aber auch Luxushotels wie das „Palazzo Versace“ in Dubai oder das „Mandarin Oriental“ in London sind treue Kunden. Fotos: Florian Eichinger (3); Glashütte Eisch 12 LFA MAGAZIN

UNTERNEHMEN Glasmachen ist ein Handwerk, das es so schon seit Jahrtausenden gibt. Bei Eisch in Frauenau hat es die Generation der Brüder Erich, Erwin (o.l.) und Alfons zur Studiokunst gemacht, ihre Nachfolger – Cousine Julia und Cousin Eberhard (o.r.) – führen die Manufaktur in die Moderne Und hierzulande? Wurde Eisch vom Fachhandel seit 1995 schon 18 Mal zur Nummer eins unter den Glasherstellern gewählt. Der damalige Bundespräsident Horst Köhler zeichnete Eisch im Jahr 2006 gar als innovative Firma im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ aus. Gegründet wurde die Glashütte Eisch 1952 von Valentin und Therese Eisch, wobei sich die Glastradition ihrer Familie sogar bis ins Jahr 1712 zurückverfolgen lässt. Die etablierte Konkurrenz in Niederbayern hielt es damals für eine regelrechte Frechheit, wie es ein einfacher Glasgraveur wagen konnte, einen eigenen Betrieb mit Ofen zu gründen. Alles taten sie anfangs, um das Geschäft der damals kleinsten Glashütte Bayerns zu verhindern, bis hin zur Lieferblockade von Rohglas. Geglückt ist der Start trotzdem, und 1963 übernahm dann die zweite Generation, die Söhne Erwin, Erich und Alfons. Wobei die nicht einfach weitermachten, sondern – angetrieben durch Erwin – einen ganz neuen Bereich entdeckten: Glas als Medium des künstlerischen Ausdrucks. Ohne Funktion, ohne Durchsichtigkeit. Einfach revolutionäre Kunst, die auch mal aneckt. Bis heute gilt Erwin Eisch international als einer der Pioniere für Studioglaskunst, seine Entwürfe haben echten Sammlerwert. Und bis heute gibt es bei Eisch ein „Artist in Residence“-Programm, in dem die Firma internationale Künstler für mindestens vier Wochen zur Produktion nach Frauenau lädt. Nach 30 Jahren kam aber auch für die drei Brüder die Zeit, langsam loszulassen. „Der lange Übergang war nicht ganz problemfrei, das muss man ganz klar sagen“, resümiert Eberhard Eisch heute. Neun Gesellschafter, alle noch dazu im operativen Bereich, machten selbst Entscheidungen über einen Geschenkkarton manchmal unmöglich. Auch die vier Junioren als designierte Nachfolger waren zu viel: „Die Differenzen haben sich erst im Laufe des Übergangs herausgestellt“, so Eisch Die Glaskunst-Serie „Planets“ ist ein Entwurf von Julia Eisch. Jedes Stück ist ein handgearbeitetes Unikat, bestehend aus mehreren Farbglasschichten. Das Design erinnert an ferne Galaxien weiter. „Irgendwann klärten sich die Fronten, und wir zwei blieben.“ Eisch und seine Cousine Julia harmonieren gut, und beide reden immer mal wieder darüber, was für einen gelungenen Generationenwechsel in einem traditionsreichen Unternehmen wichtig ist. Weil auch ihre Kinder ans Werk wollen. Eisch: „Ganz wichtig ist, offen für Beratung und Hilfe von außen zu sein. In einer Familie sind einfach nicht Kompetenzen für alles. Aber das zu erkennen ist gar nicht so einfach.“ Am Ende gehe es nämlich nur darum, was langfristig das Beste für die Firma ist, und nicht um Persönliches oder Familiäres. FAKTEN Finanzierung verschiedene Förderkredite Gründungsjahr 1952 Standort Frauenau Geschäftsfeld Glas Mitarbeiter ca. 50 www.eisch.de