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KPM Magazin 2019

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Für die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin konzipierte Storyboard 2017 ein eigenes Magazin: WEISS. Nach der ersten Ausgabe ganz in Weiß und der zweiten in Schwarz folgt jetzt die Dritte im Bauhaus-Look – passend zum diesjährigen Jubiläum.

MICHAEL MÜLLER leitet

MICHAEL MÜLLER leitet als Regierender Bürgermeister die Geschicke der Hauptstadt, JÖRG WOLTMANN die der Königlichen Porzellan-Manufaktur. Ein Gespräch über Berlin, seine Kultur und die Verantwortung dafür JÖRG WOLTMANN: Herr Müller, wir kennen uns schon länger, noch von vor meiner Zeit mit der KPM Berlin. MICHAEL MÜLLER: Das stimmt. Ich vermute, dass wir uns zum ersten Mal während eines offiziellen Termins begegnet sind. Der direkte Austausch kam dann 2006 im Rahmen Ihres Engagements mit der KPM Berlin zustande. Damals war ich noch nicht Bürgermeister, aber Fraktionsvorsitzender. Die KPM und wie es mit ihr weitergehen würde, hat uns Abgeordnete politisch sehr beschäftigt – die Frage, wie wir ein Unternehmen in wirtschaftlich schwieriger Lage mit Ihrer Hilfe in bessere Zeiten überführen können. JÖRG WOLTMANN: Es wäre ja auch schrecklich gewesen, wenn das älteste bis heute produzierende Unternehmen Berlins von der Bildfläche verschwunden wäre. Ich habe mit meiner Bank die erste, leider gescheiterte Privatisierung durch Franz Wilhelm Prinz von Preußen als damaligen Investor begleitet, weil ich wollte, dass das Unternehmen in Berlin bestehen bleibt und nicht etwa ins Ausland geht. Als das nicht funktionierte und die KPM Berlin vor der Insolvenz stand, weckte das meinen Patriotismus. Es war nie mein Herzenswunsch, Eigentümer einer Porzellan-Manufaktur zu werden, aber eine Herzensverpflichtung. Daher habe ich dann sehr schnell mein Interesse bekundet. MICHAEL MÜLLER: Auch die Stadt war zu der Zeit in einer schwierigen finanziellen Lage, in der Politik setzten wir uns darüber auseinander, was wir uns leisten können und müssen. Man war damals kurz davor, die Manufaktur aufzugeben. Die entscheidende Frage war, ob man mit ihr umgehen kann wie mit jedem anderen Unternehmen oder ob es sich nicht um ein Kulturgut handelt, das besonders schützenswert ist. Die Entscheidung lautete: Das Land Berlin hat eine Mitverantwortung, die Zukunft der KPM sicherzustellen. Das Unternehmen ist nicht nur Kulturgut, sondern auch ein sehr guter Werbebotschafter. Das erlebe ich oft genug, wenn ich unterwegs bin und KPM Porzellan überreiche. JÖRG WOLTMANN: Ich habe erst im Laufe der Zeit festgestellt, wie wichtig dieses Unternehmen für die Stadt ist. Die Philharmoniker und die KPM Berlin tragen den guten Ruf der Stadt in die Welt. Dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, dass das auch so bleibt, macht mich ein bisschen stolz. Das bringt mich zu der Frage: Was hat Sie MICHAEL MÜLLER Geb. 1964 in Berlin. Nach seiner Ausbildung zum Bürokaufmann stieg er in den Betrieb seines Vaters, eine kleine Druckerei, ein und arbeitete viele Jahre an dessen Seite. Seit Anfang der 80er ist Müller in der SPD, er stieg in der Partei rasch auf, war Abgeordneter, Fraktionschef, Senator. Im Dezember 2014 wurde er zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Mit seiner Frau Claudia hat er zwei erwachsene Kinder, eine Tochter und einen Sohn. JÖRG WOLTMANN Geb. 1947 in Berlin. Nach dem Abitur absolvierte er eine Lehre zum Bankkaufmann und studierte Betriebswirtschaftslehre in Berlin. 1979 gründete Woltmann die Privatbank ABK Allgemeine Beamten Bank. Im Februar 2006 übernahm er als Alleingesellschafter die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin. Woltmann ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und wurde 2015 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet. KPM Magazin 18 N°. 03

eigentlich bewogen, in die Politik zu gehen? Sie waren damals sehr jung. MICHAEL MÜLLER: Es war keine bewusste Entscheidung und ergab sich eher aus meiner Familiengeschichte heraus. Alle Mitglieder meiner Familie waren über Generationen hinweg in der SPD, aber auch in der CDU aktiv gewesen, Politik hat bei jedem Familienfest und auf jedem Geburtstag eine Rolle gespielt. Mein Vater nahm mich schon als Kind auf Versammlungen mit, und irgendwann wollte ich mich auch engagieren. Es war die Zeit, als Helmut Schmidt als Bundeskanzler von Helmut Kohl abgelöst wurde und die Auseinandersetzung mit der RAF stattfand – eine sehr politische Zeit. Daher war es für mich selbstverständlich, aktiv in die Politik zu gehen und in die SPD einzutreten. JÖRG WOLTMANN: Wir sind beide gebürtige Berliner, das kommt selten vor. MICHAEL MÜLLER: Inzwischen sind wir eine Minderheit, das stimmt. Ich wohne immer noch im Stadtteil Tempelhof, wo ich geboren wurde. Die Mauer wirkte nie bedrohlich oder einschränkend auf mich. Aber sie war, genau wie der Sonderstatus Berlins, natürlich politisch immer präsent. JÖRG WOLTMANN: Als bedrohlich habe ich die Situation in der geteilten Stadt auch nie empfunden. Ich liebe Berlin über alles und bin ihm immer treu geblieben. Ich habe meine Unternehmen hier gegründet und wollte nie weg. Auf dem Tisch von Michael Müller stapelt sich ordentlich Arbeit MICHAEL MÜLLER: Was keine Selbstverständlichkeit war. Viele sorgten sich um die politische Situation und haben die Stadt verlassen. Aber das Schöne an Berlin ist, dass es sich ständig weiterentwickelt. Heute sind wir mit Orten wie der Museumsinsel und dem Humboldt Forum sowie unserer Wissenschaftsszene wieder eine richtige Weltmetropole. Das Gespräch fand im Büro des Regierenden Bürgermeisters statt. Was dort auf den Tisch kommt? Das Porzellan der KPM Berlin natürlich! N°. 03 19 KPM Magazin