„Ist Ihnen jemals aufgefallen, dass in Hollywood-Filmen die Bösen immer von Briten gespielt werden?“ Sir Ben Kingsley liefert in der neuesten Werbekampagne von Jaguar eine schaurigschöne Performance ab. Woher aber stammt diese Tradition? Filmkritiker Dave Calhoun hat Nachforschungen angestellt. Why it’s good to be bad 34 j THE PERFORMANCE ISSUE
culture „Shakespeares Schurken sind so vielschichtig, dass ein britischer Schauspieler kaum noch in der Lage ist, einen zweidimensionalen Bösewicht zu spielen.“ – Sir Ben Kingsley Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Film4 Furchteinflößend: Sir Ben Kingsley als Don Logan in Sexy Beast Wenn Sie das nächste Mal dem Kinde in sich frönen und den Disney-Filmklassiker Das Dschungelbuch aus dem Jahr 1967 einlegen, sollten Sie der Stimme des Tigers Shir Khan, seines Zeichens Bösewicht, besondere Aufmerksamkeit schenken. In Seide gehüllter Stahl: das ist die Stimme des britischen Schauspielers George Sanders (zumindest in der englischsprachigen Originalversion). Vergessen Sie die Schmusekatze, und stellen Sie sich stattdessen einen welterfahrenen, eleganten Charmeur der alten Schule vor, der – den Dolch schon hinter dem Rücken versteckt – sein Opfer in sein Apartment im Londoner Nobelviertel Mayfair lockt. Was Sanders hier abliefert, ist die angeborene Kultiviertheit eines britischen Gentleman gepaart mit Killerinstinkt. Kein Wunder: Hollywood propagiert das Bild vom britischen Bösewicht mit Hingabe, seit Boris Karloff in den 1930ern zwei Schrauben an den Hals gesetzt wurden und man ihm die Rolle von Frankensteins Monster übertrug. Die diesjährige Kampagne It’s Good to Be Bad von Jaguar nimmt sich dieser Tradition mit einem Augenzwinkern an. Unter der Regie des Oscar-Preisträgers Tom Hooper (The King’s Speech, Les Misérables) ersinnen die britischen Schauspielgrößen Sir Ben Kingsley, Tom Hiddleston und Mark Strong heimtückische Niederträchtigkeiten. Die Rechnung geht auf, so Hooper, weil sie „wie jede gute Idee einen wahren Kern enthält“. Das Schurkenimage ist etwas, worauf britische Schauspieler zu Recht stolz sein dürfen. Die amerikanischen Casting-Direktoren suchen in der Alten Welt nicht nach dumpfer Brutalität oder Hau-drauf-Gewalt. Gefragt sind vielmehr Charisma, Erfahrung und Intelligenz, gepaart mit einem Hauch Skrupellosikeit und Durchtriebenheit. Wenn es nur darum geht, dem Opfer mit der Keule eins über den Schädel zu ziehen, findet sich im Mittleren Westen der USA ein gleichsam unerschöpflicher Pool von Talenten. Aber eine wohl gesetzte Rede halten – am Ende vielleicht sogar in einem maß geschneiderten Anzug? Dabei eine Aura verströmen, der die klassische Theaterausbildung und eine elitäre (oder zumindest teure) Schulbildung anzumerken ist, und dann noch diskret einen gepflegten Mord oben drauf setzen? Für diese Aufgabe holt man sich am besten einen Briten. THE PERFORMANCE ISSUE j 35
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