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Jaguar Magazine 03/2017 – German

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Wir geben Gas! In London sorgt Automobiljournalist Guy Bird im brandneuen E-PACE für Aufsehen und zeigt uns ganz nebenbei nahezu unentdeckte Tipps in der britischem Hauptstadt – seiner Heimat. Warum sich der Jaguar XE bestens als Grundlage für den leistungsstärksten Jaguar mit Straßenzulassung aller Zeiten – den XE SV Project 8 – geeignet hat, hat uns David Pook erklärt, Leiter der Special Vehicle Operations bei Jaguar Land Rover. Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe THE JAGUAR 03. 

LE MANS 1957 250.000

LE MANS 1957 250.000 Zuschauer sehen 1957 den spektakulären Sieg des D-Type „Number 3“ vom Team Ecurie Ecosse beim berühmten Rennen von Le Mans Als der Mechaniker Ron Gaudion und seine Kollegen vom Team Ecurie Ecosse 1957 in Cherbourg ihre D-Type von der Fähre fuhren, schallte es ihnen allenthalben entgegen: „Vive la Jaguar! Vive la Jaguar!“ Der Australier erinnert sich: „Auf dem gesamten Weg von Cherbourg nach Le Mans standen Menschen an der Straße oder lehnten sich aus den Fenstern. Groß und klein kamen angerannt, um die Autos anzufassen und uns Fragen zu stellen. Es war ein sehr bewegender Moment, und das Tage vor dem eigentlichen Rennen.“ Alle Welt kannte damals den Jaguar D-Type. Die vom Flugzeugbau inspirierte selbsttragende Struktur, eine Entwicklung des Designers Malcolm Sayer, stand im radikalen Gegensatz zu den Wagen der Konkurrenz und bot eine überragende Aerodynamik. „Das Fahrzeug war genau auf Le Mans zugeschnitten“, sagt Andy Wallace, leitender Testfahrer bei Jaguar Land Rover Classic. Er muss es wissen denn Wallace selbst fuhr den D-Type bei der Le Mans Classic 2016 zum Sieg. „Er hat unglaubliche Qualitäten. Die Konstruk tion ist einfach überragend. Auf geraden Strecken ist der Wagen extrem schnell, was in Le Mans mit seiner langen Geraden von großem Vorteil ist.“ Dank seines einzigartigen Designs konnte der D-Type die 24-Stunden-Rennen 1955 und 1956 für sich entscheiden. Aber niemand vermochte zu ahnen, was 1957 geschehen würde. Ende 1956 hatte Jaguar beschlossen, sein Werksteam vom Motorrennen abzuziehen. Dennoch machten sich 1957 fünf privat eingesetzte D-Type in vier verschiedenen Teams auf den Weg nach Le Mans. Zwei gehörten zum kleinen Team Ecurie Ecosse, das der frankophile Schotte David Murray Anfang der 1950er Jahre gegründet hatte. Das landete 1956 einen Überraschungserfolg, als sein D-Type das Rennen gewann und das Werksteam von Jaguar auf die Plätze verwies. Doch trotz dieses Erfolges waren die Erwartungen im Jahr darauf eher verhalten. „Wir waren, was unsere Aussichten betrifft, ziemlich entspannt, vor allem weil die großen Herstellerteams von Ferrari, Aston Martin und Maserati einen extrem guten Eindruck machten“, sagt Gaudion, der zunächst Mechaniker beim Werksteam von Jaguar war, ehe er 1956 zu Ecurie Ecosse wechselte. Besonders stark schien Maserati mit seinem 450S zu sein, Spitzname: „Bazooka“. Zu den Fahrern gehörten Stirling Moss und der großartige Juan Manuel Fangio. Und auch auf der Piste zeigten die Maseratis und Ferraris grandiose Leistungen. So gelang Fangio die schnellste Einzelrunde des gesamten Jahrzehnts. Als es beim Führungswagen von Ecurie Ecosse am Vorabend des großen Rennens eine Fehlzündung gab, mussten Gaudion und seine beiden Kollegen die ganze Nacht an dem Wagen „DIE ATMOSPHÄRE WAR EINFACH FANTASTISCH MAN SPÜRTE FÖRMLICH, WIE DIE LUFT KNISTERT“ FOTOS: KLEMANTASKI COLLECTION / KONTRIBUTOR / GETTY IMAGES; PRIVAT 44 THE JAGUAR

Ron Gaudion (Zweiter von links, mit der Hand an der Windschutzscheibe) schaut zu Ron Flockhart (links) und Ivor Bueb (rechts), die nach ihrem Le Mans-Sieg 1957 in die Menge winken werkeln, bis das Problem endlich behoben war. Um 4 Uhr morgens schnappte sich dann der Teambesitzer David Murray, selbst ehemaliger Rennfahrer, den Wagen für eine Testfahrt. „Dass er damit nicht auf die Rennstrecke durfte, war ihm völlig egal. Er fuhr einfach auf die Straße mit 270 Sachen!“ Gaudion lacht. Als das Rennen am Samstag, den 22. Juni, um 16 Uhr startete, standen 250.000 Zuschauer an der Piste und freuten sich auf einen heißen Kampf. „Die Atmosphäre war einfach fantastisch man spürte förmlich, wie die Luft knistert“, erinnert sich Gaudion. „Unsere Taktik war einfach: möglichst konstant fahren und zusehen, wie sich die Favoriten die ersten Stunden unter einander bekriegen. Le Mans verlangt den Wagen alles ab, und wir wussten, dass wir uns auf unser Fahrzeug verlassen können.“ Am Anfang der dritten Stunde lagen Vorjahressieger Ron Flockhart und Ivor Bueb, der Gewinner von 1955, mit ihrem D-Type „Number 3“ von Ecurie Ecosse vorn. Die beiden ergaben ein perfektes Paar: der ungestüme Schotte Flockhart, der auch als Pilot unterwegs war und der ruhige, durch nichts zu erschütternde Bueb, ein exzellenter Nachtfahrer. Runde für Runde blieben die beiden in Führung. Die anderen vier Jaguar D-Type waren ihnen die ganze Zeit dicht auf den Fersen, während andere Wagen aufgrund mechanischer Probleme aufgeben mussten. „Ich glaube, etwa drei Stunden vor Ende meinten wir, das Rennen tatsächlich gewinnen zu können“, sagt Gaudion. „Inzwischen waren alle schon völlig übermüdet. Der Führungswagen rollte zwar wunderbar, aber wir mussten trotzdem auf Empfang bleiben. Weil es keinen Funk gab, wusste man nie, ob er vielleicht im nächsten Moment mit irgendeinem Problem hereinkam. Allein das Adrenalin hielt uns wach.“ Aber die Jaguar waren die Zuverlässigkeit selbst, sodass die beiden Wagen von Ecurie Ecosse, als am Sonntag um 16 Uhr die Zielflagge geschwenkt wurde, das Rennen als Erster und Zweiter beendeten. Die anderen D-Type wurden Dritter, Vierter und Sechster. „Was waren wir erleichtert!“, erinnert sich Ron Gaudion glucksend. „Als die Flagge geschwenkt wurde, dachten wir nur: ‚Gott sei Dank‘. Teamchef David Murray hatte schon am frühen Nachmittag Champagner bestellt, weil er das Gefühl hatte, wir könnten es schaffen. Den gab es dann zu unserem Sieg und am nächsten Tag noch ein feierliches Abendessen.“ Es war der dritte Sieg eines D-Type beim 24-Stunden-Rennen in Folge, womit sich der Wagen in die Riege der Le Mans- Legen den einreihte. Für Jaguar ein ungeheurer Erfolg: Noch nie zuvor hatte ein Hersteller das wichtigste Sportwagenrennen der Welt auf derart unumstrittene Weise dominiert eine umso außerge wöhnlichere Leistung, als die fünf Jaguar in privaten Teams an den Start gingen und gegen die größten Sportwagenhersteller der Welt antreten mussten. Jaguar Land Rover Classic pflegt Erbe und Tradition unseres Unternehmens, damit auch künftige Generationen unsere Geschichte würdigen und zelebrieren können. Um mehr zu erfahren, besuchen Sie jaguar.de/ueber-jaguar/jaguar-classic THE JAGUAR 45