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Jaguar Magazine 02/2018 – German

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INNOVATION BRENDAN

INNOVATION BRENDAN WALKER ENTWICKLER VON ACHTERBAHNEN Wussten Sie, dass es ein Gen für Abenteuerlust gibt?“, fragt Brendan Walker. Wer einen be stimmten Dopamin-Rezeptor besitze, suche häufiger den Nervenkitzel, erklärt er. „Ich habe vor einiger Zeit meine DNA testen lassen. Ich besitze diesen Rezeptor was mich nicht sonderlich wundert.“ Walker, der sich selbst „Nervenkitzel- Ingenieur“ nennt, war an der Entwicklung einiger bekannter Achterbahnen und Vergnügungsparcours in Großbritannien beteiligt, etwa dem Wicker Man oder dem Thirteen im Alton Towers. Bei seinem Luftdesign geht es ihm um „maßgeschneiderte emotionale Erlebnisse“. Das ist seine Passion: dem Phänomen des Nervenkitzels auf die Spur zu kommen. „Es ist natürlich höchst subjektiv, aber für mich steckt im Nervenkitzel einerseits Vergnügen wofür das Dopamin steht und andererseits die Erregung das Adrenalin. Um das hervorzurufen, müssen beide Aspekte zusammen schnell und heftig gesteigert werden“, sagt Walker. „Angst kann das Erlebnis noch dramatischer machen.“ Bei der Achterbahn beginnt das emotionale Erlebnis, sobald man davon erfährt, dass es sie überhaupt gibt etwa wenn man eine Fernsehwerbung sieht. Die Anreise gehört dazu, das Kaufen der Eintrittskarte und das Schlangestehen. „Der Moment, in dem der Gurt zuschnappt, wenn du weißt, es gibt kein Zurück mehr das ist der größte Nervenkitzel überhaupt“, sagt Walker. Er weiß das, weil er die Emotionen und physiologischen Veränderungen bei Tausenden Besuchern von Freizeitparks aufgezeichnet und analysiert hat, um den Nervenkitzel gleichsam zu quantifizieren. Daraus hat er sogar eine eigene Formel entwickelt, den „Walker Thrill Factor“. Damit misst und bewertet er den Nervenkitzel, indem er die Reaktionen der Mitfahrenden erfasst, unter anderem Puls und Gesichtsausdruck. „Das ist mein Tick, meine Wissenschaft.“ In seinem Studio im Osten von London sitzend, steigt hinter seiner großen Markenbrille ein Grinsen auf. Walker hat Ingenieurwissenschaft studiert und einige Jahre für British Aerospace gearbeitet, bevor er entschied, dass die Produktionszeit von Flugzeugen zu lang für seinen Geschmack war. Er kündigte und ging auf die Kunstakademie, wonach er Industriedesign studierte. „Ich habe immer schon gern experimentiert. Anfangs habe ich in meinem Atelier mechanische Skulpturen entworfen. Es war spannend, wie die Zuschauer darauf reagiert haben, und ihre Emotionen zu beobachten. Dann habe ich mir die psychologischen Mechanismen dahinter angesehen und auf dieser Grundlage meine Installationen im Londoner Science Museum entwickelt. Daraus erwuchs schließlich meine Arbeit als Nervenkitzel-Ingenieur.“ Wenn Walker Freizeitparks berät, plant er Faktoren wie Geschwindigkeit, g-Kraft oder Änderungen in der Beschleunigung anhand seiner Forschungsergebnisse. Er berechnet, wie weit es im Dunkeln senkrecht nach unten gehen muss, um einen Nervenkitzel zu erzeugen 0,7 Sekunden bzw. 2,40 Meter. Eine Fahrt sollte nicht einfach nur ein permanenter Adrenalinrausch sein, sagt er. „Eine Achterbahn ist wie ein Film oder eine Platte. Wann muss man das Tempo ändern? Wann die Stimmung aufhellen? Alfred Hitchcock war ein Meister darin, dem Zuschauer eine kurze Atempause zu gönnen, um ihn dann noch tiefer ins Dunkel zu führen.“ In seinem aktuellen Projekt verknüpft Walker virtuelle Realität mit einer alt hergebrachten Schaukel. Wer darauf sitzt, der glaubt, sich über Dächer aufzuschwingen oder wie eine Qualle durchs Meer zu gleiten. „Ich suche nach Möglichkeiten, wie ich die Leute täuschen kann, dass die physischen Kräfte, die sie während der Fahrt spüren, von ganz woanders kommen. Virtual Reality ist dafür natürlich gut geeignet vielleicht ist sie die Zukunft, um Nervenkitzel zu kreieren, für die man nicht mehr in die Achterbahn steigen muss.“ 60 THE JAGUAR

„ EINE ACHTERBAHN IST WIE EIN FILM ODER EINE PLATTE. WANN MUSS MAN DAS TEMPO ÄNDERN? WANN DIE STIMMUNG AUFHELLEN?“ THE JAGUAR 61