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FOCUS STYLE – April 2017

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Der Name des Supplements FOCUS STYLE ist Programm: Unter anderen gingen wir mit SEAT Chefdesigner Alejandro Mesonero-Romanos gemeinsam im neuen SEAT Leon auf Entdeckungstour in Barcelona und trafen Jazz-Musiker Till Brönner zum Gespräch über Smokings und seine Stilvorbilder.

INTERVIEW Barcelona

INTERVIEW Barcelona nimmt dich sofort für sich ein“, sagt Alejandro Mesonero-Romanos und blickt auf das Panorama der Stadt, das wie eine hübsch sortierte Auslage vor ihm liegt. Klar, er meint damit auch das Meer, das schöne Wetter und die berühmte Küche. Doch dem Chefdesigner von SEAT, der spanischen Automarke mit Sitz vor den Toren Barcelonas, haben es vor allem die Gegensätze der Stadt angetan, die man von dem Restaurant auf dem Hausberg Montjuïc, in dem er gerade sitzt, schon erahnen kann. Zusammengewürfelte Altstadt hier, dort geordnetes Schachbrett mit langgezogener Diagonale, die auch das Logo von SEAT inspirierte. Eine von Palmen gesäumte Promenade, die bis in ein modernes Hochhausviertel reicht. „Jedes Barrio hat seinen eigenen Reiz, seinen eigenen Charakter.“ Immer gibt es etwas Neues zu entdecken, einen SOMMER- LICHT Je nach Tageszeit und Lichteinfall wandeln sich die Spiegelungen in der Dachkons truktion des Flohmarkts Encants. SEAT Leon ST, die Kombiversion an der Promenade in Barceloneta. Rechts: am Strand der Vila Olímpica kleinen Laden, ein neues Restaurant, eine Skulptur mitten auf einem öffentlichen Platz. „Ästhetisch geht es nie nur in eine Richtung. Die Stadt hält dich konsequent wach allein das ist unglaublich inspirierend“, findet er. Mesonero-Romanos' Familie stammt aus Madrid. Als jüngster Sohn hielt er sich wenig an Regeln oder Traditionen. Er zeichnete am liebsten den ganzen Tag Rennwagen. Während seine Brüder Wirtschaft oder Jura für ihre Zukunft wählten, setzte er sich tatsächlich in den Kopf, Produkt- und Autodesign zu studieren. Und er entschied sich für die katalanische Hauptstadt, verliebte sich auf der Stelle und kann sich seitdem keinen besseren Ort zum kreativen Arbeiten vorstellen. Barcelona hat schon lange den Ruf einer Designmetropole. Spätestens seit den Neunzigern klebt das Label fest an der Stadt. Vor allem das Grafikdesign wurde durch die Olympischen Spiele 1992 weltberühmt, als der Katalane Javier Mariscal das Maskottchen „Cobi“ erfand, das als rentabelste Olympiafigur aller Zeiten gilt. Noch heute wirkt jedes Barrio-Plakat besser gestaltet als die meisten nationalen Werbekampagnen in Deutschland. Auch architektonisch schien plötzlich alles möglich, selbst die Fernseh- und Telekommunikationstürme wurden von Norman Foster und Santiago Calatrava entworfen. Die Leute waren plötzlich stolz auf ihre Stadt. Überall bewegte sich etwas, der Aufbruch beflügelte die Sinne. „Barcelona, mach dich hübsch“, so hieß die Kampagne der Stadtverwaltung dieser Zeit. 10 FOCUS STYLE

DESIGN Die vor allem auch als Aufruf an die Einwohner verstanden wurde. Viel davon ist im Touristenstrom der letzten zehn Jahre verloren gegangen. Sagen die einen. Nach London und Paris ist Barcelona die am dritthäufigsten bereiste Stadt Europas, die Besucherzahlen haben sich seit Anfang der Neunziger verzehnfacht. Immer wieder gibt es Proteste gegen zu viele „Turistas“, weil die Leute genug davon haben, in einem durchgehend geöffneten Freilichtmuseum zu leben. Doch es gibt auch Stimmen, die glauben, dass genau diese Entwicklung die Stadt erneut wachgerüttelt hat. Die Einwohner setzen sich wieder mehr für ihre Viertel, ihre Stadt und für das Gemeinwohl ein. Nachbarschaftsverbände werden intensiv gepflegt. Aktuell gibt es große Diskussionen, dass die Mieten erschwinglich bleiben sollen. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist Barcelona noch immer günstig, auch deshalb gibt es hier so viele junge Inspiration WER VIEL SIEHT, HAT VIELE ASSOZIATIONEN IM KOPF Künstler und Kreative. Das erste, was Mesonero-Romanos neuen Mitarbeitern im Designstudio mit auf den Weg gibt: „Nicht zu viel Zeit im Atelier, lieber mehr Zeit auf der Straße verbringen. Wer viel sieht, hat viele Assoziationen im Kopf.“ Immer, wenn er durch die Barrios El Born oder Raval laufe, die jungen Viertel der Stadt, habe wieder irgendwo ein neues Atelier aufgemacht, in dem irgendwer Stoffe, Möbel oder Porzellan entwirft und verkauft. Aus einer Vase, die einem ins Auge fällt, entstehe dann vielleicht ein Impuls, ein Denkanstoß, für eine neue Form. „Die Tradition Barcelonas liegt eher im Handwerklichen, nicht in der Technologie“, sagt Mesonero-Romanos. „Wir haben durch unsere romanischen Wurzeln, die klassische Bildhauerei, sicher ein größeres Gespür für Proportionen mitbekommen.“ Nicht zu vergessen: das Licht, einer der wichtigsten Einflüsse der mediterranen FOCUS STYLE 11