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KPM Magazin 2018

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Für die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin konzipierte Storyboard 2017 ein eigenes Magazin: WEISS. Die zweite Ausgabe erscheint jetzt ganz in Schwarz.

GERHARD SCHÖNINGH

GERHARD SCHÖNINGH KAUFTE DIE RENNBAHN Hoppegarten, Jörg Woltmann die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin. Beide Unternehmer haben so ein Berliner Kulturgut vor dem Aus gerettet – und sich eine Menge Arbeit aufgehalst. Unterstützt wird Schöningh dabei von Tini Gräfin Rothkirch JÖRG WOLTMANN: Herr Schöningh, Sie kamen vor ein paar Jahren aus London eingeflogen und haben in Berlin die Rennbahn Hoppegarten erworben. Das fand ich als Unternehmer natürlich spannend. Man wusste ja, dass die Rennbahn ein Berliner Kleinod ist. Aber sie war auch immer ein vernachlässigtes Kind. Warum haben Sie Ihr Privatvermögen investiert? GERHARD SCHÖNINGH: Pferderennen waren immer ein großes Hobby von mir. Ich lebe seit 35 Jahren in London und bin in England regelmäßig zu sehr guten Rennen gegangen. 2006 sagte mir ein Freund: „Hast du gehört, Hoppegarten wird privatisiert.“ Hoppegarten ist natürlich jedem ein Begriff, und ich kannte die Bahn bereits von einem Besuch im Oktober 1989, genau drei Wochen vor dem Fall der Mauer. Hoppegarten war die Bahn Nummer eins in Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, man nannte sie kurz „Die Zentrale“. Da ich nach dem Verkauf eines Unternehmens, das ich als Fondsmanager mitgegründet hatte, genug Geld und Zeit erübrigen konnte, habe ich mir die Unterlagen bestellt, durchgesehen und fand: Das ist spannend, und mal etwas ganz anderes wäre schon toll. Ich bewerbe mich. JÖRG WOLTMANN: Diese Entscheidung fand ich beeindruckend. Und Tini Gräfin Rothkirch, als Vorsitzende des Renn- Klubs Hoppegarten, hat uns später dann bei einem Abendessen zusammengebracht. TINI GRÄFIN ROTHKIRCH: Ja, ich erinnere mich noch, wie wir im Sommer in einem Restaurant draußen saßen und Sie, Herr Woltmann, zu Herrn Schöningh sagten: Wir sind die beiden Verrückten hier in Berlin. GERHARD SCHÖNINGH: Sicherlich könnten wir unsere Zeit und Energie deutlich gewinnbringender einsetzen. JÖRG WOLTMANN: Ja, aber nicht schöner! GERHARD SCHÖNINGH: Obwohl es schon eine Menge Arbeit ist. Ich dachte ursprünglich, du steckst da mal ein bis zwei Jahre intensiver Präsenz in Berlin rein, belebst die Rennen, verbesserst die Gebäude und baust ein gutes Team auf. Im Rennsport sind wir deutlich gewachsen, haben seit 2008 die Besucherzahlen verdoppelt, den Großen Preis von Berlin wieder nach Hoppegarten zurückgeholt und sind jetzt Num- JÖRG WOLTMANN Geb. 1947 in Berlin. Nach dem Abitur absolvierte er eine Lehre zum Bankkaufmann und studierte Betriebswirtschaftslehre in Berlin. 1979 gründete Woltmann die Privatbank ABK Allgemeine Beamten Bank. Im Februar 2006 übernahm er als Alleingesellschafter die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin. Woltmann ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und wurde 2015 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet. mer drei in Deutschland. 2013 haben wir den Status eines Denkmals nationaler Bedeutung erhalten und zwei marode Tribünen saniert. Wir müssen noch 8,5 Millionen Euro investieren, um alle denkmalgeschützten Gebäude, darunter die Haupttribüne, in einen Top-Zustand zu bringen. Gerade wurde bekannt gegeben, dass wir für die Hälfte dieses Betrags Fördermittel vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags bekommen, wir bemühen uns um einen ähnlichen Beitrag des Landes Brandenburg. Das zu verbauen ist eine sehr komplexe Aufgabe. Außerdem wollen wir hochklassige Gastveranstaltungen etablieren und weiterhin Randbereiche der Rennbahn entwickeln. Wir sind im Dialog mit der Gemeinde, wie wir auf der Rennbahn Nutzungen für Gewerbe, Beherbergung und Wohnungsbau schaffen können. Sie sehen, es gibt viel zu tun. JÖRG WOLTMANN: Davon kann ich auch ein Lied singen. Man kauft ein Unternehmen und weiß gar nicht, was auf einen zukommt. Ich habe die Manufaktur innerhalb einer Woche erworben, ohne überhaupt darin gewesen zu sein. Es musste schnell entschieden werden. Da kommt später so manches Unerwartete hoch. GERHARD SCHÖNINGH: Auf jeden Fall. Anfangs war ich vielleicht etwas blauäugig und habe bestimmt auch einige Fehler gemacht, aber daraus lernt man. Inzwischen habe ich ein klares Bild, wie wir die Anlage in eine gute Zukunft führen können. Das hatte ich vor zehn Jahren noch nicht. KPM Magazin 20 N°. 02

Die Chancen, die wir haben, sind deutlich größer, als ich ursprünglich dachte. Und insgesamt sehr positiv. JÖRG WOLTMANN: Das glaube ich auch. Nach unserem Abendessen bin ich Ihrem Renn-Klub sofort beigetreten. TINI GRÄFIN ROTHKIRCH: Sie waren eines unserer ersten Mitglieder. Wir haben klein angefangen, heute haben wir 130 Mitglieder, an großen Renntagen sind es mit deren Gästen auch mal 250 Besucher im Renn-Klub. Der Klub hat seine Heimat in der Tribüne mit der besten Sicht auf die Rennbahn. Wir wollen den Rennsport in der Region bekannt machen, bei Unternehmen, bei der Berliner Gesellschaft. Das Erfolgsrezept ist die Mischung – die Mitglieder aus der Region, die oft nur die Atmosphäre, die Eleganz des Klubs oder den Familienausflug lieben, bringen wir mit Rennpferdebesitzern, Züchtern und Fans aus ganz Deutschland zusammen. JÖRG WOLTMANN: Und Sie erhalten ein Kulturgut, eine Berliner Institution. Ich finde, das muss man unterstützen. Da muss man Präsenz zeigen. So wie Sie gestern auf dem Sommerfest meiner Stiftung Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, die die Förderung und Weiterentwicklung des Kulturguts KPM Berlin übernimmt. GERHARD SCHÖNINGH: Ich konnte ja gestern bei Ihrem Fest ein URBINO Teeservice ersteigern. Ich finde es sehr spannend, wie Sie, Herr Woltmann, sympathische Schlüsselmitarbeiter gefunden haben, die Ihre Marke wunderbar präsentieren. So wie Ihr Bereichsleiter Malerei. JÖRG WOLTMANN: Matthias Dotschko. GERHARD SCHÖNINGH: Ja, er wird mein Teeservice bemalen. Ich habe ihn bereits kurz kennengelernt: ein junger Mann, der höflich, entspannt und kreativ ist. Einfach ein guter Typ. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter, die ein Unternehmen mit dieser Tradition – und irgendwie auch Strenge – verkörpern, nicht irgendwelche alten Säcke und Traditionalisten sind. Alte Marken müssen ja weiterleben, sie müssen relevant sein für die Menschen von heute. Sie machen ja viele Kooperationen, auch unkonventionelle. Zum Beispiel mit Birkenstock. Da muss man erst mal drauf kommen. TINI GRÄFIN ROTHKIRCH: Wie lassen Sie das Geschirr bemalen? GERHARD SCHÖNINGH: Das weiß ich noch nicht. Ich wurde schon von den Gästen des Stiftungsfestes mit Ratschlägen überhäuft: „Da müssen Initialen drauf, da müssen Pferde drauf.“ Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr, mit Herrn Dotschko die Farben und das Motiv auszusuchen. Ich werde ihn einfach fragen, er ist auf diesem Gebiet eine Autorität. TINI GRÄFIN ROTHKIRCH: Ist es eigentlich schwierig, guten Nachwuchs für die Manufaktur zu bekommen? JÖRG WOLTMANN: Überhaupt nicht. Bei uns ist ja der Beruf Berufung. Und unsere Mitarbeiter können in einer der besten Manufakturen der Welt lernen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir inzwischen als solche wahrgenommen werden und dass wir Kooperationen mit großartigen Unternehmen wie Bugatti oder Bottega Veneta haben. Die machen das ja nicht, weil wir nette Menschen sind, sondern weil sie uns die höchste Kompetenz und Strahlkraft in Porzellan zutrauen. GERHARD SCHÖNINGH Geb. 1961 im nordrhein-westfälischen Krefeld neben einer Rennbahn. Anfang der 1980er-Jahre ging Schöningh nach London, wo er erfolgreich als Fondsmanager arbeitet. Im März 2008 erwarb er die 207 Hektar umfassende Anlage Hoppegarten für knapp drei Millionen Euro. Hoppegarten ist die einzige Rennbahn in Deutschland, die in Privatbesitz ist. TINI GRÄFIN ROTHKIRCH Geb. 1954 im hessischen Fritzlar. Mit 24 wird sie im Berliner InterContinental jüngste PR-Chefin Deutschlands. Seit 1991 ist sie ehrenamtlich für die Rennbahn Hoppegarten tätig. Aufgrund ihrer beruflichen Laufbahn als Pre-Opening Direktorin im Schloßhotel Vier Jahreszeiten, im Hotel Four Seasons und zuletzt als General Manager des 5-Sterne-Design-Hotels Sofitel am Gendarmenmarkt setzte sie ihr Engagement einige Jahre aus. Bis Gerhard Schöningh sie 2008 fragte, ob sie ihn als Vorsitzende des Renn-Klub-Komitees unterstützen möchte – sie sagte sofort zu. N°. 02 21 KPM Magazin